Aufguss

Die letzten Sonnenstrahlen. Durch Baumwipfel. Wo ist die Entspannung, wenn das Spannende gewollt wird? Es zieht einen hin zu den Menschen. Zu nackten Leibern und Regeln, die nichts weiter sind als der Wille zu normaler nonverbaler Kommunikation, zu einem würdigen Ablauf des eigenen Daseins. "Guten Tag, hätten Sie bitte ein Bier für mich?" So schießt es aus meinem viel zu verspannten Kopf. Ich kann es wohl fühlen. Das Harte, Versteinerte in meinem Nacken.
Nirgends haben die Leute mehr einen eigenen Charakter als dort, wo sie nackt sein können, ohne übereinander herzufallen.
Nach längerem Hin- und Her ("nein, kein Kölsch. Nein, auch kein Weizen!") wird serviert. Meine Bewunderung für nicht viel mehr als für den Mut zum Selbstverständnis, mit dem Bäuche, große, mächtige Bäuche, und Brüste, lange schon jenseits einer Altersgrenze, präsentiert werden. Es ist das Laissez Faire der Egalheit, die nirgends so gut gedeit wie in diesem Garten von Regelwerken. Wo der Bademantel hingehangen, wie das Saunatuch ausgebreitet und wann die Tür geschlossen wird. Hier setzen sich keine Mädchen zu dir in den Whirlpool, hier werden Zigaretten geraucht.
Die mutwillig zu Dekorationszwecken zerschlagenen, römisch anmutenden Amphoren auf dem solcherart ungenutzten, sehr breiten Platz des Saunaaußenbereiches überdecken das deutsche Heimatgefühl nur spärlich. Ein deutliches Zeichen für gehobenes Proletariertum, so wie nie sich ein Sozialist es erträumt hätte, aber immer selbst war: ein nackter Deutscher.

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